Was war das denn vergangenen Samstag? Da entwickelt unsere Mannschaft plötzlich mitten in der Saison so etwas wie eine Auswärtsstärke. Man ist geneigt, „ausgerechnet beim SV Wehen-Wiesbaden“ hinzuzufügen, gegen den es in Liga drei zuvor kein einziges Pünktchen zu holen gab und gegen den man in diesen Spielen nicht einmal ansatzweise das berühmte Land gesehen hat.

Und Samstag schien es auch wieder in diese Richtung zu laufen. Zwar konnte RWE alle zaghaften Angriffsversuche der Gastgeber aus der seit den letzten Spielen bereits deutlich stabileren Abwehr heraus unterbinden, nach vorne blieb man allerdings ebenso abgemeldet. Dennoch hatte Koschinats Elf die größte Chance der ersten Halbzeit, als Martinovic den Ball nach Wiesbadener Ecke mit hohem Tempo am Fuß aus dem eigenen Sechzehner bis tief in die gegnerische Hälfte trug, auf Safi etwas unsauber durchsteckte, der jedoch auf Brumme verlängern konnte. Leider konnte Brumme zwar seinen Gegenspieler, nicht jedoch den Keeper überwinden und so blieb es beim 0:0.

Rund 20 Minuten waren gespielt, als es zu einer DER Szenen des Spiels kam: nach einem Wiesbadener Befreiungsschlag gehen Arslan und Eitschberger zum Ball, rasseln mit den Köpfen aneinander und bleiben jeweils mit Platzwunde am Kopf liegen. Während sich die Essener Betreuer um Eitschberger kümmern, geht auch die medizinische Abteilung des SVWW auf den Rasen und kümmert sich um Arslan. So weit, so bemerkenswert, aber bis dahin auch sicherlich in gewisser Form selbstverständlich. Doch anstatt die Wunde nur zu versorgen und zu signalisieren, dass der Essener nicht mehr weiterspielen könne – was sicher auch eine Option gewesen wäre – wird noch vor Ort Nadel und Faden ausgepackt und die Wunde genäht, sodass es auch für Arslan weitergehen kann. Hier hätte man einen wichtigen Spieler des Gegners ohne Weiteres aus dem Spiel nehmen können. Daher gebührt dem medizinischen Stab des Gastgebers hier der höchste Respekt, dies nicht getan zu haben. Stattdessen ging es sowohl für Arslan ebenso mit Turban weiter wie für Eitschberger.

Das Spiel plätscherte in der Folge ziemlich vor sich hin, keine der Mannschaften konnte die jeweils gegnerische Defensive vor ernsthafte Aufgaben stellen. Und so richtete man sich wohl so langsam darauf ein, mit einem torlosen Unentschieden in die Kabinen zu gehen. Dann jedoch gab es noch einmal einen Einwurf in Höhe des rot-weissen Sechzehners, der unsauber geklärt wurde. Gözüsirins Schuss von der Strafraumkante hatte jedoch kaum das Potential, Golz vor Probleme zu stellen, doch ein Reflex von Kraulich sorgte dafür, dass der Ball unhaltbar im Essener Kasten zum viel umjubelten (hust!) Führungstreffer für den Favoriten landete. Wieder mal ein Rückstand. Dem geneigten RWE-Fan schwante sicherlich nichts Gutes.

Doch offenbar fand Koschinat in der Pause die richtige Ansprache, denn keine fünf Minuten nach Wiederanpfiff war es Arslan, der sich ein Herz fasste und den Ball aus 18 Metern „voll Karacho“ zum noch viel mehr umjubelten Ausgleich in die Maschen jagte. Während Gözüsirin beim Jubel den „Flüsterfinger“ in Richtung aller Gästetribünen als Zeichen der Verhöhnung zeigte (warum ist das eigentlich keine gelbe Karte?!), machte Arslan dieselbe Geste wohl eher sinnbildlich in Richtung seiner Kritiker, die ihn teils schon als Fehleinkauf verurteilten – so jedenfalls meine Wahrnehmung.

Doch es kam noch besser: nach einer ordentlichen Ecke konnte der WW-Keeper den Ball aus dem Strafraum fausten, erneut bekam Arslan die Chance zur Flanke und fand den Kopf von Kraulich, der seinen Fehler zum 0:1 mit der 2:1-Führung wieder gutmachte. Vermutlich war mein Jubel in der gesamten Nachbarschaft zu vernehmen.

Wer jetzt erwartete, dass die Hausherren wie noch zwei Wochen zuvor die Bielefelder nun einen immensen Druck aufbauen würden, sah sich getäuscht. Mit einer sehr konzentrierten Abwehrleistung wurde der Gegner vom eigenen Tor weggehalten und im Zweifel auch schon mal der Ball auf die Tribüne genagelt.

Dann der zweite große Auftritt der „Turban-Brothers“: Konter über Brumme, der den richtigen Moment für ein Abspiel auf Martinovic zwar verpasste, den Ball aber noch „Pi mal Daumen“ in Richtung Eitschberger bugsieren konnte. Einmal kurz Maß genommen, ein Schuss aufs lange Eck – 3:1. ganz ehrlich: Ich hätte im Leben nicht damit gerechnet, dass wir in die Nähe eines Auswärtssieges kommen würden.

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In der Folge verlagerte sich das Spiel zwar nochmal ein wenig in die Essener Spielfeldhälfte, echte Torgefahr für Wiesbaden konnte aber nicht notiert werden. Stattdessen bekam Kaparos die Möglichkeit, sich auf dem Platz zu rehabilitieren, was er in der Kürze der Zeit auch recht ordentlich machte.

So blieb es beim3:1-Auswärtssieg für unsere Truppe, die nun seit vier Spielen ungeschlagen ist und dabei satte 10 Punkte geholt hat. Zwar hätten wir alle wohl auch drei Punkte gegen Unterhaching sehr begrüßt, andererseits haben wohl die Wenigsten mit sechs Zählern aus den Spielen in Bielefeld und Wiesbaden gerechnet. Da muss man dann wohl auch mal zufrieden sein.


Am kommenden Wochenende wird erneut eine harte Nuss zu knacken sein, wenn der FC Ingolstadt an der Hafenstraße vorstellig wird. Inzwischen deutlich stabilisiert kämpfen die Bayern inzwischen auf Rang vier um ein Wörtchen im Aufstiegskampf mit und werden sicher alles daran setzen, die Punkte zu entführen. Ein 1:1 gegen den VfB im heimischen Audi-Sportpark zeigt aber auch, dass es nicht unmöglich ist, als Team aus den unteren Bereichen der Tabelle etwas gegen die Schanzer zu holen. Mit dem zuletzt deutlich erstarkten rot-weissen Kader ist mir jedenfalls vor dieser Aufgabe nicht Bange und ich denke, dass Koschinat auch dafür den richtigen Ansatz finden wird.

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