Das gibt es in dieser Intensität auch wohl nur bei Rot-Weiss Essen: Sich vor dem Heimspiel gegen Hannover 96 noch im Land der untergehenden Liga wähnend, kommt nun ein Spieler aus dem Land der aufgehenden Sonne. Kaito Mizuta heißt er und hat bislang für den kommenden Gegner aus Bielefeld gekickt. Wenn er denn durfte! Da Sonntag schon spielberechtigt, weiß Kaito Mizuta sicher noch, wo auf der Alm die Tore stehen und darf dort gerne wieder einnetzen. Also für seine neuen Farben jetzt.

Er braucht danach auch nicht jubeln, wir hätten dafür alle Verständnis. Wie sich im umgekehrten Fall unser Aufstiegsheld Isi Young bei einem Tor für seine Arminia verhalten würde, darüber will ich gar nicht spekulieren, bestenfalls trifft Isi Sonntag nicht. Schön wäre aber, ihn zum Aufwärmen auch aus dem Gästeblock mit warmem Applaus zu empfangen. Aber kurz zurück zur Freude eines Spielers nach dem Tor: Auch kurz zuvor noch für den Gegner spielend, muss für mich nicht auf den Jubel verzichtet werden. Spieler wechseln mittlerweile so oft den Verein, da dürften manche ja gar nicht mehr jubeln, so oft wie man im Laufe einer Saison auf eine ehemalige Mannschaft trifft. Es sei denn, man hat sein ganzes Fußballerleben bei einem Verein verbracht, dann verstehe ich Zurückhaltung absolut. Die zweite Transferperiode der Saison ist nun so gut wie überstanden und wir können uns bald erholen von der Geschwindigkeit, mit der die Namen, nicht nur rund um RWE, sondern in der ganzen Liga gehandelt wurden.

Das hatte nicht nur was von „Nimm Du ihn, ich habe ihn sicher“, sondern gab es bisweilen mehr Kehrtwendungen als beispielsweise bei den Moralvorstellungen eines Fritze Merz. Sehr anstrengend zusätzlich die „Ich weiß was, und ich bin der erste“ Meldungen auf diversen Plattformen. Einfach mal abwarten, bis der Verein oder die Presse Vollzug gemeldet hat, geht nicht mehr. Keine schöne Entwicklung. Es gab nun nach dem Spiel am neuen Tivoli viel verdiente Kritik am Auftritt unserer Mannschaft, die wie üblich nicht selten aus dem Rahmen fiel, aber durchaus auch konstruktiv getätigt wurde. Die Tage danach deprimierend, selbst Berufsoptimisten rund um die Hafenstraße wussten nicht viel Positives beizutragen. Man hätte sie eh nicht hören wollen.

Die Tage zogen sich und im Vorfeld wusste eigentlich so keiner wirklich, wie sich die Atmosphäre im Heimspiel gegen die Zwote aus Hannover nun gestalten wird. Das Wetter am Spieltag selbst passte sich in seinem tristen Grau bestens der vorherrschenden Stimmung an. Die Gesichter im kaum noch grölenden Tross, der mehr zur Hafenstraße schlich als zog, vielfach mit Sorgenfalten durchzogen. Im Stadion selbst die gähnende Leere der Rahn, die sich am siebten Tag traditionell und zu so früher Stunde speziell erst spät füllt. Auf der Haupt wurde im Warmgebäude noch den Buffets gefrönt und die Gottschalk im Gästebereich wie erwartet weitestgehend verweist.

Selbst die West hatte noch größere Lücken, als es plötzlich und unerwartet vom Vorsängerpodest aus dem Megafon knarzte: „Aachen war kacke“ konnte ich gegenüber noch gut hören, als der Wind die folgenden Worte der Ansprache in diverse Richtungen verteilte. Aber die Reaktionen zwischen Tribünen und der zum Aufwärmen auf den Platz gekommenen Mannschaft war eindeutig: Wir halten zusammen, RWE. Vielleicht das letzte Mal, aber heute, da halten wir zusammen! Feinfühlig die Stadionregie, die die Musik leiser drehte, um den lauten Gesängen Platz zu machen. Die Folge ist bekannt: 5:1 Heimsieg. Der RWE ist wieder da!

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