Der RWE-Direktor Profifußball Marcus Steegmann setzt auf den Teamgeist und eine positive Rückrunde.
Marcus Steegmann reflektiert das Jahr 2024 und die Herausforderungen der laufenden Saison. (Foto: Endberg)
Seit Mai 2023 bilden Christian Flüthmann (42) als Sportdirektor und Marcus Steegmann (43) als Direktor Profifußball in der Sportlichen Leitung von Rot-Weiss Essen eine gleichberechtigte Doppelspitze. Nach einer starken Saison 2023/2024 in der 3. Liga läuft es in der aktuellen Spielzeit alles andere als rund. Vor dem Abschluss der Hinrunde und des Fußballjahres 2024 mit dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart II an diesem Samstag, 21. Dezember, ab 14 Uhr steht RWE auf einem Abstiegsplatz. Eine Folge des bislang enttäuschenden Saisonverlaufs war die Freistellung des bisherigen Cheftrainers Christoph Dabrowski und die Verpflichtung seines Nachfolgers Uwe Koschinat, der gegen die Schwaben sein Heimdebüt gibt. Vor dem letzten Ligaspiel im Jahr 2024 nimmt Ex-Profi Marcus Steegmann im Gespräch mit der „kurzen fuffzehn“ Stellung zur aktuellen Lage.
Hallo Marcus! Das ereignisreiche Jahr 2024 neigt sich auch für Rot-Weiss Essen dem Ende zu. Welche Eindrücke werden für Dich vor allem hängen bleiben?
Es werden definitiv gemischte Eindrücke sein. Auf der einen Seite steht das erste Halbjahr, in der die Mannschaft sehr gute Leistungen gezeigt, uns allen viel Freude gemacht und für zahlreiche positive Schlagzeilen für RWE gesorgt hat. Auf der anderen Seite ist die zweite Jahreshälfte alles andere als zufriedenstellend verlaufen. Im bisherigen Saisonverlauf sind wir deutlich hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben.
Wie sehr könnte das abschließende Heimspiel gegen den VfB Stuttgart II die Bewertung noch verändern?
Es wird so oder so bleiben, dass wir uns die Hinserie ganz anders vorgestellt haben. Aber es wäre zumindest ein versöhnlicher Abschluss und mit Blick auf den weiteren Saisonverlauf sehr wichtig. Wir sollten die Bedeutung der Partie aber auch nicht zu hoch hängen. Auch bei einer Niederlage wären wir nicht abgestiegen, sondern hätten im neuen Jahr noch alle Möglichkeiten, das Ziel zu erreichen. Aber klar: Wir wollen die drei Punkte einfahren und mit einem guten Gefühl in die kurze Winterpause gehen.
In der abgelaufenen Saison hatte RWE noch bis zum vorletzten Spieltag um den möglichen Aufstieg mitgespielt, jetzt steht ein Abstiegsplatz zu Buche. Möglichst kurz zusammengefasst: Was sind die wichtigsten Gründe dafür?
Durch den auf zentralen Positionen nicht freiwilligen Umbruch im Kader und den Verlust von vier Leistungsträgern ist uns eine komplette Achse weggebrochen. Diese Qualität konnten wir bislang nicht gleichwertig ersetzen, auch nicht durch einige Nachverpflichtungen. Immer wieder mussten wir Nackenschläge hinnehmen, speziell in der Englischen Woche mit dem späten Gegentreffer in Dresden sowie den bitteren Niederlagen gegen Verl und in Rostock. Wir sind unter Druck geraten, haben nicht immer unsere beste Leistung gebracht und haben während der gesamten Hinrunde nicht zur erhofften und notwendigen Stabilität gefunden.
Wurden auch von der Sportlichen Leitung Fehlentscheidungen getroffen?
In einer solchen Situation sollte sich niemand von Fehlern freisprechen. Einige Dinge sind nicht so aufgegangen, wie wir es uns erhofft hatten. Bei einer abschließenden Bewertung muss aber auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zur Ligakonkurrenz berücksichtigt werden. Wir konnten unseren Etat zwar leicht anheben. Jedoch hat die Ligakonkurrenz ihre Etats im Schnitt deutlich stärker erhöht, so dass wir im Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt haben.
Auf die bittere 0:3-Heimniederlage gegen den TSV 1860 München folgte die Freistellung von Cheftrainer Christoph Dabrowski. Sein Nachfolger Uwe Koschinat ist erst etwas mehr als eine Woche im Amt. Was konnte er bereits bewirken?
Uwe hat bereits für frischen Wind gesorgt, auch wenn sein Debüt nicht gleich auf Anhieb von Erfolg gekrönt war. Er spricht die Dinge klar an, intern wie extern. Das tut uns gut. Beim 0:1 in Osnabrück hat das Team in der ersten Halbzeit gut gespielt, war überlegen, hatte wesentlich mehr Offensivaktionen als der Gegner. Gefehlt hat die Durchschlagskraft im gegnerischen Strafraum. Dazu wurde vor der Pause ein Fehler direkt bestraft.
Was stimmt Dich zuversichtlich, dass die Wende gelingt?
Ich bin mir sicher, dass es uns gelingen wird, eine bessere defensive Stabilität zu erreichen. Da war Osnabrück schon ein Anfang. Uwe hat bei einigen Spielern den Reset-Knopf gedrückt und ihnen neue Perspektiven eröffnet. Tom Moustier und Mustafa Kourouma standen beispielsweise erstmals in der Startelf und waren sehr couragiert. Grundsätzlich sollten wir nicht mehr in den Rückspiegel, sondern positiv nach vorne schauen. Wir haben Potenzial im Kader und werden ins Rollen kommen. Davon bin ich überzeugt.
Gleich nach dem Stuttgart-Spiel verabschiedet sich die Mannschaft in den Urlaub. Was sind die wichtigsten Hausaufgaben bis zum Trainingsstart am 2. Januar?
Mit unserem neuen Trainer haben wir bereits eine Bestandsaufnahme des Kaders gemacht. Es ist besprochen, dass wir im Winter auf dem Transfermarkt aktiv werden wollen.
Auf welchen Positionen siehst Du den dringendsten Handlungsbedarf?
Priorität haben die Sechserposition und das Sturmzentrum.
Werden auch Spieler RWE in der Winterpause verlassen?
Im Fußball sollte man nie etwas ausschließen. Grundsätzlich ist niemand unverkäuflich. Es kann auch sein, dass man wegen einer zu geringen Aussicht auf Einsatzzeit einen Spieler abgibt oder verleiht. Erst einmal gilt der volle Fokus aber dem Stuttgart-Spiel.
Wie viele Punkte werden am Saisonende benötigt, um den Klassenverbleib zu sichern?
Grundsätzlich geht man von 45 Zählern aus, die bisher nur einmal nicht gereicht haben. Wie viele es diesmal genau sein müssen, ist aktuell reine Spekulation. Wir tun gut daran, das Bestmögliche herauszuholen. Klar ist, dass wir auf jeden Fall eine bessere Rückrunde spielen müssen, als es in der Hinserie der Fall war.
Was wird notwendig sein, um das Ziel zu erreichen?
Wir benötigen Geschlossenheit und Zusammenhalt – innerhalb der Mannschaft, aber auch im gesamten Verein und vor allem weiter in Verbindung mit unseren Fans. Nur als Einheit werden wir es schaffen.
Sind alle Planungen der Sportlichen Leitung auf eine weitere Saison in der 3. Liga ausgerichtet oder müsst Ihr Euch zwangsläufig auch mit dem Szenario Regionalliga beschäftigen?
Erst einmal konzentrieren wir uns auf den VfB II. Dann werden wir alles tun, um den Kader zu verstärken und uns bestmöglich auf die Rückrunde vorzubereiten. Dort wollen und werden wir die nötigen Punkte holen, um in der Liga zu bleiben. Allein darauf liegt der Fokus.
Genau wie Christian Flüthmann hast auch Du Deinen Vertrag vor einigen Wochen trotz der angespannten sportlichen Situation über 2025 hinaus verlängert. Warum?
Es ist meine feste Überzeugung, dass Kontinuität die beste Voraussetzung für Erfolg ist. Das haben wir übrigens auch gezeigt, als wir nach der ersten Saison in der 3. Liga trotz erheblicher Kritik den Weg mit Christoph Dabrowski weitergegangen sind. Das hat sich in der folgenden Spielzeit ausgezahlt. Persönlich kann ich sagen, dass ich mich bei RWE nach wie vor sehr wohl fühle, das große Potenzial des Klubs sehe und große Lust darauf habe, hier weiterhin etwas zu entwickeln.
https://www.rot-weiss-essen.de/2024/12/20/optimismus-trotz-schwieriger-lage/